Mit Agrophotovoltaik lässt sich Ackerfläche auf zweifache Weise nutzen: Sonnenkollektoren erzeugen nicht nur Strom, sondern sind so platziert, dass darunter auch noch die Felder mit Nutzpflanzen bestellt werden können.
Auf den freien Feldern Deutschlands, auch hier im Münsterland, lassen sich immer häufiger Photovoltaik-Anlagen zur Stromgewinnung finden. Die Technologie erfüllt zwar ihren Zweck, beansprucht aber wertvollen Raum, der ebenso für Ackerpflanzen genutzt werden könnte – die Landnutzungseffizienz dieser Anlagen auf freien Flächen ist also nicht optimal. Zudem besteht ein Konkurrenzkampf: Die Energiewirtschaft konkurriert mit der Landwirtschaft um Freiflächen. Dieser Konflikt muss aber nicht sein. Die Lösung könnte Agro-Photovoltaik (APV) heißen.
Bei der Agro-Photovoltaik handelt es sich um die Zusammenführung von Agrarwirtschaft und Photovoltaik. In der Praxis bedeutet das eine besonders nachhaltige Landwirtschaft: Auf demselben Feld, das Platz für Sonnenkollektoren bietet, wird gleichzeitig auch Ackerbau betrieben. Spezielle APV-Anlagen auf meterhohen Stelzen aus stabilem Stahl machen die Doppelnutzung der Ackerfläche möglich. Die Konstruktionen gewähren genügend Raum, um darunter die notwendigen Rangierarbeiten leisten zu können.
Die Idee der Agro-Photovoltaik ist bereits mehr als 30 Jahre alt. Professor Adolf Goetzberger, der Gründer des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, verfasste 1981 einen „Vorschlag für eine besonders günstige Anordnung für Solarenergieanlagen in Verbindung mit der landwirtschaftlichen Nutzung“. Es dauerte allerdings einige Zeit, bis Goetzbergers Denkanstöße wieder aufgegriffen wurden: 2011 nahmen sich Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts das Thema erneut vor. In Zusammenarbeit mit diversen Partnern aus Landwirtschaft, Ökonomie und Technik sowie Einheimischen entstand das Pilotprojekt „APV-Resola“ (Agrophotovoltaik – Ressourceneffiziente Landnutzung). Die dazugehörige Forschungsanlage wurde 2016 auf Ackerflächen der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach in Baden-Württemberg eingeweiht.
Das unweit des Bodensees gelegene Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie FONA – Forschung für nachhaltige Entwicklung. Die gesamte Testfläche für das Pilotprojekt misst etwa 2,5 Hektar. Davon macht die 50 Tonnen schwere APV-Anlage mit ihren fünf Meter hohen Sonnenkollektoren etwa ein Drittel aus. Unter den insgesamt 720 zweiseitigen (bifazialen) Photovoltaik-Modulen mit einer Leistung von 194 Kilowatt wachsen Winterweizen, Kleegras, Kartoffeln und Sellerie. Der nicht überdachte Restacker dient als Referenzfläche und wurde dementsprechend gleich bepflanzt. Die bifazialen Kollektoren können mittels Verwertung von reflektierter Strahlung bei guten Bedingungen bis zu 25 Prozent mehr Sonnenenergie produzieren. Zusätzlich gewährleisten sie durch ihre spezielle Verglasung eine gleichmäßigere Verteilung an die Pflanzen.
Das Projekt „APV-Resola“ kann nunmehr auf zwei Jahre praktische Ernteerfahrungen zurückblicken und hat diverse Ergebnisse ermittelt.
Die APV-Anlage, die mit einer Leistung von 194 Kilowatt 62 Vier-Personen-Haushalte speisen kann, brachte im ersten Jahr 1.266 Kilowattstunden Strom pro installiertem Kilowatt Leistung – und rangierte damit hierzulande ein Drittel über dem Durchschnitt von 950 Kilowattstunden pro Kilowatt. 2017 ließ sich ferner feststellen, dass die Landnutzungsrate auf 160 Prozent gesteigert wurde. Was die Anbauprodukte angeht, war im selben Jahr beim Kleegras ein Ernteverlust von 5,3 Prozent auszumachen. Bei den weiteren Pflanzen – Kartoffeln, Weizen und Sellerie – waren die Erträge im Vergleich zur Referenzfläche um 18 bis 19 Prozent reduziert.
Was die Sonnenenergie angeht, lieferte die Agro-Photovoltaik-Anlage 2018 1.319,7 Kilowattstunden pro Quadratmeter – 8,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dadurch ergab sich für 2018 eine Solarstromproduktion von 249.857 Kilowattstunden mit einem Ertrag von 1.285,3 kWh pro installiertem Kilowatt Leistung. 2018 war, aufgrund des Hitzesommers, ferner eine Landnutzungsrate von 186 Prozent nachzuweisen. Dabei diente die APV-Konstruktion den Pflanzen als Schattenspender, während die starke Sonneneinstrahlung auf die Kollektoren die Energieproduktion erhöhte. Konkret ließ sich 2018 feststellen, dass drei der Pflanzen unter der APV-Anlage mehr Ertrag brachten als jene auf dem Referenzareal. Allein die Kartoffeln konnten die Landnutzungsrate um 86 Prozent pro Hektar steigern. Sellerie und Winterweizen konnten mit jeweils 12 Prozent bzw. 3 Prozent höheren Ernteerträgen überzeugen. Kleegras schnitt mit einem Minus von 8 Prozent etwas schlechter ab.
Auch Daten zum Mikroklima wurden 2018 ermittelt: So war unterhalb der Konstruktion die photosynthetisch aktive Einstrahlung der Sonne etwa circa 30 Prozent geringer als auf der nicht überdachten Vergleichsfläche. Die Temperatur des Bodens war in den Frühjahrs- und Sommermonaten indes niedriger bei gleicher Lufttemperatur. Die Feuchtigkeit des Bodens, hingegen, war während des Hitzesommers 2018 im Weizenacker höher, während sie im Winter, diesmal auch bei den übrigen Pflanzen, niedriger lag. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Verschattung den angepflanzten Kulturen insbesondere bei Hitze und Trockenheit zugute kommt. Daraus lässt sich auch schließen, dass sich Agro-Photovoltaik stark für aride Regionen anbietet. Hierfür seien laut den Forschern aber noch weitere Studien nötig, sowohl in anderen klimatischen Regionen als auch mit weiteren Pflanzenarten.
Noch zählen Agrophotovoltaik-Anlagen nicht zu den förderfähigen Technologien in Deutschland. Anders sieht es bei PV-Anlagen aus, die auf freiem Feld ohne agrarwirtschaftliche Nutzung errichtet werden. Diese können, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, mit staatlichen Zuschüssen gefördert werden. Die Preise auf dem Solarenergie-Markt bewegen sich kontinuierlich nach unten. Dadurch ist es möglich, dass auch APV-Anlagen innerhalb der nächsten Jahre ökonomisch genug sein könnten, um sie auch ohne Förderung zu betreiben. Damit diese besonders ressourceneffiziente Form der Ackernutzung zu bewerkstelligen ist, muss seitens der Politik aktuell noch jede einzelne Anlage eine Betriebserlaubnis erhalten. Auch hier wird erwartet, dass der Prozess in Zukunft vereinfacht, wie bei den PV-Anlage, gestaltet wird. APV-Projekte sind jetzt schon ökonomisch sinnvoll und durchführbar, wenn es einen hoher Anteil der erzeugten Energie direkt verbraucht werden können. In Heggelbach ist dies durch einen entsprechenden Maschinenpark gewährleistet.
APV kommt als Maßnahme zur optimalen Landnutzungseffizienz für diverse Anbauprodukte in Frage. Agrophotovoltaik in Münster sowie im gesamten Münsterland würde den ressourceneffizienten Anbau vieler beliebter Kulturpflanzen wie etwa Spinat ermöglichen.
Die direkt über Feldern betriebene Photovoltaik bieten sich insbesondere an, für einen quantitativ hohen Ertrag von
Ferner eignen sich Agro-Photovoltaik-Anlagen für den Anbau von
Der Betrieb einer APV-Anlage hat indes so gut wie keine Auswirkungen auf die Erträge von
Etwas negativere Einflüsse hat die Überdachung mit Sonnenkollektoren auf die Erträge von
Weniger geeignet ist APV hingegen für den Anbau von
Bereits überbaute Flächen eigenen sich ebenfalls:
Gerade im Münsterland würde sich APV über einem Feld für Spargelanbau eignen.
Noch können Agrophotovoltaik-Anlagen hierzulande nicht einfach realisiert und gebaut werden. Darüber hinaus bedarf es in den meisten Fällen einer finanziellen Förderung von Seiten der Politik, um APV-Anlagen schnell marktfähig zu machen. Letztendlich ist die Politik dann abermals gefragt, die nötigen schnellen Genehmigungen für die Errichtung und Nutzung der neuartigen Kollektoren zu ermöglichen.
Indes sprechen viele positive Aspekte für APV: Es zeichnet sich ab, dass die Preise für die Anlagen im Zuge von Lern- und Skaleneffekten sinken werden. Was die Stromgestehungskosten angeht, sind APV-Anlagen schon heute mit Dach-PV-Anlagen vergleichbar. Ferner ist es ebenso wirtschaftlich wie effizient, wenn man – wie die Hofgemeinschaft Heggelbach es übrigens auch macht – den Strom aus den Kollektoren extern weitervermittelt und/oder selbst verwendet, etwa für elektronisch betriebene Landwirtschaftsfahrzeuge oder einen Maschinenpark. Darüber hinaus ist die Bauweise der Kollektoren aus dem Pilotprojekt interessant: Die spezielle Art der Anlagen-Unterkonstruktion kann mit wenig Aufwand auch an weiteren Einsatzorten neu errichtet werden.
Am allgemeinen Trend zu mehr Umweltbewusstsein und zur nachhaltigen Landwirtschaft ist abzusehen, dass auch im Münsterland Agro-Photovoltaik zukünftig eine sinnvolle, weil besonders ressourceneffiziente Landnutzung darstellen wird. Möchten Sie noch mehr zum Thema Agrophotovoltaik erfahren? Dann kontaktieren Sie uns! Wir beraten Sie gerne ausführlich zu den neusten Entwicklungen.